Die Automatische Temperatur-Freigabe Warmbreitband (ATF)
24.06.2025 | Salzgitter Flachstahl GmbH

An der Warmbreitbandstraße der Salzgitter Flachstahl werden Brammen aus den Stranggießanlagen zu Warmbreitband ausgewalzt und als Coil gewickelt. Dazu wird die Bramme in einen der Aufheizöfen auf Walztemperatur gebracht und dann durch mehrere Walzgerüste auf die gewünschte Dicke heruntergewalzt.
Die Endwalztemperatur und die anschließende Abkühlung des Bandes haben dabei eine entscheidende Wirkung auf die technologischen Eigenschaften des gewalzten Stahls. Auch das homogene Durchwärmen über die gesamte Bandlänge ist hier entscheidend. Grundsätzlich kann man sagen, dass eine langsamere Abkühlung den Stahl biegsamer und weicher macht, eine schnelle Abkühlung bewirkt eine höhere Härte bei sinkender Zähigkeit.
Schon vor über 20 Jahren wurde daher zur Bewertung der Endtemperatur ein System zur automatischen Temperatur Freigabe (ATF) an der Warmbreitbandstraße eingeführt. Dieses System bewertete auf Grundlage eines angelernten neuronalen Netzes den Erfüllungsgrad der Endtemperatur in Abhängigkeit vieler weiterer Parameter. Auf Basis dieses Erfüllungsgrades konnten die produzierten Bänder automatisiert bewertet werden.
Die Stahlqualitäten und die Prozesse der Warmbreitbandstraße haben sich in den letzten 20 Jahren weiterentwickelt, sodass Anpassungen an der bestehenden ATF nötig waren.
Im Zuge einer Bachelorarbeit sollte die bestehende ATF betrachtet und Vorschläge zur Weiterentwicklung bzw. Neuentwicklung dieser erarbeitet werden. Dabei wurden sowohl verschiedene Machine-Learning-Verfahren als auch ein regelbasierendes Verfahren betrachtet und verglichen. Es zeigte sich, dass die benötigte Datenbasis für ein Machine-Learning-Verfahren nicht ausreicht und so auf kundenorientierte Anforderungen nicht eingegangen werden kann. Die Entscheidung fiel deshalb auf ein regelbasiertes System.

Als Grundlage für das Regelsystem wird das Datensystem zur Werkstoff- und Qualitätsentwicklung (DEWuQ) verwendet. DEWuQ verfügt bereits über ein integriertes Regelwerksmodul, so dass hier nur die entsprechenden Regeln formuliert werden mussten.
Die Regeln prüfen basierend auf Messschrieben vor und nach dem Kühlprozess, ob die Temperaturverläufe die vorgegebenen eingeschränkten Toleranzen einhalten. Diese werden in Abhängigkeit von Güten- und Dickenvorgaben pro Messpunkt festgelegt und sind mittels einer Stammdatentabelle pflegbar.
Das Warmbreitband wird dazu in Segmente eingeteilt, dessen Messpunkte innerhalb oder außerhalb der eingeschränkten Toleranzbereiche liegen. Sind alle Messpunkte in den Toleranzen, so wird das Produkt automatisch für dieses Kriterium als qualitativ „gut” deklariert. Gibt es Abweichungen, ist eine manuelle Qualitätsbeurteilung notwendig. Die Fachkraft entscheidet nun mit Unterstützung von automatisch generierten Hinweisen, ob die Abweichungen akzeptierbar sind, um die gewünschten Eigenschaften weiterhin sicherzustellen.
Insgesamt erhöht die Erneuerung des ATF-Systems die Prozesssicherheit bezüglich der technischen und mechanischen Eigenschaften des Warmbands und stellt eine gleichbleibend hohe Qualität für die Kunden sicher. Gleichzeitig unterstützt es die Arbeit der Qualitätsfachkräfte, da ein wesentlicher Teil der produzierten Bänder bereits automatisch als „gut“ charakterisiert werden kann und nur die nicht eindeutigen Bänder, bereits mit Hinweisen versehen, manuell beurteilt werden müssen.