Maßgeschneidertes Warmband

09.09.2020 | Salzgitter Flachstahl GmbH


Warmband wird vielfältig als Vormaterial für zahlreiche Stahlprodukte eingesetzt und meist erst nach diversen Verarbeitungsprozessen seiner jeweiligen Endverwendung zugeführt.
Der Bauteil-Konstrukteur entscheidet i.d.R. anhand von öffentlich verfügbaren Materialkenndaten, Normen oder eigenen Erfahrungen über die Eignung eines Werkstoffes bzw. der Stahlsorte und die erforderlichen Abmessungen. Für das Endprodukt sind überwiegend die Abmessung, Oberfläche, Gefügestruktur und mit Einschränkungen auch die chemische Zusammensetzung relevant, da sie für die spätere Verarbeitung maßgeblich sind. Innerhalb der Prozesskette des Herstellungsprozesses müssen alle Teilschritte hinsichtlich eventueller Zusatzanforderungen definiert werden, da jeder Produktionsprozess besondere Anforderungen an das Material stellt. Positive Ergebnisse des einen Produktionsverfahrens führen nur selten zu ähnlich guten Ergebnissen in einem anderen.

Was bedeutet der Begriff „maßgeschneidert“ im Zusammenhang mit Warmband?

Mit „Maßkonfektion“ bezeichnet man üblicherweise die kundenindividuelle Massenproduktion von Bekleidung. Dabei werden die Wünsche und Anforderungen des Kunden in das Produkt aufgenommen und bei der industriellen Produktion berücksichtigt bzw. umgesetzt.
Ersetzen wir den Begriff „Bekleidung“ durch Warmband, dann wird deutlich, dass es sich nicht mehr um ein
Standardprodukt handelt, sondern auf die Wünsche des Kunden zugeschnitten ist.

Damit der Stahlhersteller diese Maßkonfektion produzieren und liefern kann, sind die Wünsche durch den Besteller eindeutig und möglichst umfassend zu definieren (vgl. DIN EN 10021 Abschnitt 4) und mit dem Stahlproduzenten zu vereinbaren – natürlich innerhalb der machbaren Grenzen, die sich nach den vorhandenen Anlagen, Prozessen, Einsatzstoffen und nicht zuletzt an Naturgesetzen (z. B. temperaturabhängige Diffusionsvorgänge, Entmischung etc.) richten müssen.

Was kann die Salzgitter Flachstahl als Halbzeuglieferant anbieten?

Schauen wir uns beispielhaft den Prozess vom Rohstahl bis zur einbaufertigen Sitzeinheit an.
Im Stahlwerk wird das Fundament für die gewünschte Qualität produziert. Heutzutage reicht dabei eine Norm-zusage bei weitem nicht mehr aus. Dies betrifft sowohl unerwünschte Begleitelemente (wie z.B. Schwefel) als auch die Elementanteile. Das „Maßschneidern“ beginnt bereits mit speziell vereinbarten kundenspezifischen Analysenkatalogen. Für die Sitzschiene sind z.B. Schwefel-Gehalte von maximal 0,003% einzuhalten, um die Umformung des Kaltbandes zur Sitzschiene ebenso zu gewährleisten wie die Haltbarkeit des Teils bei einem Unfall. Das dürfen in einer 200 t-Charge maximal 6 kg Schwefel sein. Dieser Anteil ist sehr gering und entspricht z.B. dem typischen Anteil von Schwefel in Wein.
Der jeweilige Spezialist des einzelnen Prozessschrittes verliert üblicherweise Expertise mit zunehmender Entfernung vom OEM, so kennt der Warmbandproduzent das Endprodukt meist gar nicht. Zusätzlich werden je Produktstufe Sicherheiten und eigene Anforderungen definiert, u.a. bei der Analytik, weil z.B. einzelne Elemente bzw. Toleranzen einen entscheidenden Einfluss für den Folgeprozess beim Kunden haben können.
Entwicklungs- / Prozessanforderungskette am Beispiel eines Automobilbauteils:
Automobil → Baugruppe → Bauteil → (Press-)Teil → Zuschnitt → Streifen → Kaltband → Warmband → Bramme

Allein die spezifikationskonforme chemische Zusammensetzung des Stahls reicht aber bei Weitem nicht aus, um z.B. ein im Dauereinsatz funktionierendes Bauteil herzustellen. Die noch 250 mm dicke Bramme muss auf eine für den Kunden optimierte Warmbanddicke ausgewalzt werden. Die Salzgitter Flachstahl kann inzwischen dank der hochautomatisierten Prozessführung und moderner Anlagentechnik, wie z.B. CVC-Walzen, auf ihrer hochmodernen Warmbreitbandstraße engste Dickentoleranzen und maßgeschneiderte Querprofile anbieten.

Auch hier sind wieder erheblich engere Toleranzen produzierbar - und gewünscht - als es die Norm vorgibt. Als engste Dickentoleranz sind je nach Stahlsorte und Abmessung bis zu einem Fünftel der Normtoleranz bzw. bis ± 0,06mm lieferbar. Diese 60µm entsprechen der Dicke eines Euro-Geldscheins und müssen für ein 30.000 kg schweres und mehrere Kilometer langes Warmband eingehalten werden.
Das vom Kunden gewünschte Gefüge wird entweder direkt vereinbart oder es ergibt sich aus der bestellten Stahlsorte. Aber auch hier können Eigenschaften über maßgeschneiderte Prozessparameter wie Temperaturvorgaben beim Walzen vereinbart werden. Umformgrad, Walzgeschwindigkeit, Endwalz- und Haspeltemperatur sowie die Art der Kühlung vor dem Aufhaspeln bieten zahlreiche Variationsmöglichkeiten und lassen die Produktion verschiedener Stahlsorten aus ein und derselben chemischen Analyse zu.  
Dank der eindeutigen Prozessvorgaben ist eine Reproduzierbarkeit der Warmbandqualität sichergestellt.

Beim Maßanzug muss der Schneider die Maße und Anforderungen direkt am Kunden ermitteln und kann im Anschluss mit seinen zur Verfügung stehenden Rohstoffen und Werkzeugen ein qualitativ hochwertiges, den Wünschen seines Kunden entsprechendes Produkt herstellen. Der Stahlverarbeitungsprozess ist deutlich komplexer und wird durch zahlreiche Kundenanforderungen entlang der Prozesskette beeinflusst. Daher sollten die für die jeweiligen Prozessschritte notwendigen Einzelanforderungen möglichst gut aufeinander abgestimmt sein und das technisch Machbare bzw. Notwendige immer berücksichtigen.
Denn so führen mehrere maßgeschneiderte Zwischenprodukte entlang des Prozessweges auch zu einem perfekt konfektionierten Endprodukt für den Kunden.