Oberflächeninspektion - moderne Systeme für höchste Qualität

26.01.2022 | Salzgitter Flachstahl GmbH


Produktqualität ist einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren für die Salzgitter Flachstahl. Um den Kunden mit Premiumprodukten in bester Oberflächenqualität zu versorgen, werden modernste Oberflächeninspektionssysteme zur automatisierten Materialbewertung entlang der Prozesskette eingesetzt. Diese Systeme können auch bei hohen Anlagengeschwindigkeiten Oberflächenereignisse erkennen und sorgen mit der visuellen Bandinspektion dafür, dass der Kunde die gewünschte Qualität bekommt. 

Nahezu alle Produktionsanlagen in den Bereichen Warmbreitbandwalzwerk und Kaltflach sind mit Oberflächeninspektionssystemen (OIS) ausgerüstet. Mit diesen Systemen können qualitätsrelevante Ereignisse auf der Materialoberfläche bereits erkannt werden, bevor sie den Bandbewerter im Inspektionsbereich der Anlage erreichen. Somit stellt das OIS ein automatisiertes Frühwarnsystem für Prozessabweichungen dar und unterstützt den Bandbewerter bei der Erkennung von Oberflächenereignissen. Genutzt werden die Inspektionsergebnisse nicht nur für die Oberflächenqualitätsbewertung sondern auch im wesentlichen Maße für die Prozessoptimierung der Produktionsanlagen.
Um die Bandoberfläche automatisiert zu inspizieren, kommen in der Salzgitter Flachstahl drei unterschiedliche Verfahren zum Einsatz. Diese sogenannten Inspektionssichten unterscheiden sich in der Anordnung von Kameras und Beleuchtungsquellen. 

Beim Auflicht strahlt sehr gerichtetes, scharf abgegrenztes Licht von oben in einem spitzen Winkel zur Normalen auf das vorbeifahrende Band. Eine Zeilenkamera schaut in den direkt reflektierten Lichtstreifen und nimmt Bilder von Grauwertunterschieden der Oberfläche auf. Im Auflicht können u. a. Flächenereignisse sehr gut erkannt werden.
Der Lochkanal ist eine sognannte Durchlichtinspektion, d. h. auf einer Bandseite befindet sich eine Lichtquelle und auf der anderen Bandseite eine Kamera, die in Richtung dieser Lichtquelle schaut. Sieht diese Kamera Licht, wo sich kein Licht befinden sollte, wird ein Loch bzw. ein Kantenschaden erkannt. 
Das Seitenlicht folgt dem gleichen Prinzip einer flachstehenden Sonne, die in einem sehr spitzen Winkel auf eine Hauswand scheint. So werden zuvor nie wahrgenommene Unebenheiten plötzlich sichtbar. Bei der Seitenlichtinspektion wird das Licht seitlich auf das vorbeilaufende Band gestrahlt, und eine senkrecht angeordnete Zeilenkamera fängt das von der Bandoberfläche reflektierte Licht ein. Durch den seitlichen Lichteinfall werden topografische Ereignisse auf der Bandoberfläche ausgezeichnet erkannt. 

Die Kombination verschiedener Sichten ermöglicht eine sehr gute Oberflächenqualitätsbewertung und vereinfacht die Identifikation und Einschätzung der Ereignisse. So können unerwünschte Oberflächenerscheinungen schnell erkannt und entsprechende Abstellmaßnahmen eingeleitet werden. Dies führt zu weniger Ausfällen von Material und einer besseren Qualität. 

Zur automatischen Klassifikation aller erkannten Ereignisse kommt künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz, wie z. B. klassische MachineLearning-Verfahren oder die Nachbewertung kompletter Ereigniskartierungen mittels Cluster-Technologien. Auch neue Klassifikationsansätze wie z. B. DeepLearning befinden sich in der Erprobung. 
Diese Verfahren basieren auf der Verwendung von mathematischen Methoden zur Mustererkennung. Während das MachineLearning mit vordefinierten Merkmalen rechnet, kann das DeepLearning selbstständig Merkmale in Bildern bestimmen, die bestmöglich zur Unterscheidung der verschiedenen Ereignistypen geeignet sind. 
Bei beiden Verfahren ist eine intensive Anlernphase erforderlich, bei der ein Prozessexperte (Systemtrainier) zusammen mit der Produktion durch Sortieren und Gruppieren von einer Vielzahl von Ereignisbildern dem OIS das Klassifizieren beibringt.

Die bei der Inspektion entstehenden Datenmengen sind erheblich. Um die Oberfläche eines 1000 Meter langen Coils vollständig zu inspizieren, sind systemintern z. B. 160 GB (!) zu verarbeiten. Dabei spielt nicht nur die Datenmenge, sondern auch die Geschwindigkeit der Erfassung und Auswertung eine Rolle. Die Anlagengeschwindigkeiten liegen je nach Produktionsanlage zwischen 60 m/min und 1200 m/min. Hierfür sind Speicherstrategien stetig zu optimieren, um die Datenflut zu managen. 
Zusätzlich bieten einige OIS die Möglichkeit, einen kompletten Videostream der Kameras hochaufgelöst oder komprimiert für einen überschaubaren Zeitraum abzuspeichern. Diese Funktion eignet sich besonders zur Bewertung der Oberflächenqualität von Versuchscoils. 
Um die Inspektionsergebnisse werksintern allen Disponenten, Qualitätsingenieuren und technischen Kundenberatern zur Verfügung zu stellen, werden die Inspektionsergebnisse nach Fertigstellung des Coils umgehend und vollständig in das zentrale Qualitätssystem DEWuQ (Datensystem zur Entwicklung von Werkstoffen und Qualität) übertragen. Die Qualitätsingenieure haben so die Möglichkeit OIS- und Prozess-Daten von verschiedenen Produktionsanlagen übereinanderzulegen, um die Produktionsabläufe anlagenübergreifend zu optimieren. 

Die hohe Leistungsfähigkeit unserer Oberflächeninspektionssysteme ermöglicht die stetige Weiterentwicklung und Optimierung der Produktqualität. Diese Fortschritte in der kontinuierlichen Verbesserung werden auch von unseren Kunden immer wieder anerkennend bestätigt.