Die Komplexphasenstahl-Familie hat mit dem CR660Y780T-CP-GI ein neues Mitglied

28.10.2020 | Salzgitter Flachstahl GmbH


Die Komplexphasenstahl-Familie hat mit dem CR660Y780T-CP-GI ein neues Mitglied

Die Familie der Komplexphasenstähle zeichnet sich durch eine im Verhältnis zur Zugfestigkeit hohen Dehngrenze aus. Die Güten sind verglichen mit Dualphasenstählen zwar etwas weniger tief- und streckziehbar, weisen aber eine deutlich geringere Kantenrissempfindlichkeit auf. Dies bedeutet, dass das Scherschneiden nur eine geringe Verminderung der Umformbarkeit der Blechkante zur Folge hat. Zusätzlich lassen sich mit einem Komplexphasenstahl im Vergleich zum Dualphasenstahl engere Bauteilradien realisieren.
 
Die Salzgitter Flachstahl hat jetzt als Ergänzung zum CR570Y780T-CP-GI eine Variante mit einer um 90 MPa erhöhten Dehngrenze entwickelt. Der CR660Y780T-CP-GI ist trotz der höheren Dehngrenze aber vergleichbar gut umformbar.
 
Um seine Eigenschaften einordnen zu können, werden seine mechanischen Kennwerte aus dem Zugversuch sowie die Umformbarkeit in einer Tabelle gegenübergestellt. Zum Vergleich sind hier zwei Güten aus der Festigkeitsklasse von 780 MPa aufgeführt: der Dualphasenstahl CR440Y780T-DP-GI und der Komplexphasenstahl CR570Y780T-CP-GI.
 

Damit die Vorteile des CR660Y780T-CP-GI gegenüber des CR570Y780T-CP-GI ohne konkretes Bauteil quantitativ bewertet werden können, wird eine vereinfachte Potenzialstudie durchgeführt. Hierzu wird von einem Bauteil aus CR570Y780T-CP-GI ausgegangen, welches ausschließlich unter Zugbelastung steht. Wenn das Bauteil so ausgelegt ist, dass es sich im Betrieb bzw. bei Missbrauchsfällen nicht plastisch verformt, dann sind Blechdicke und Dehngrenze die entscheidenden Parameter. Ist bei der Verwendung von CR660Y780T-CP-GI die Dehngrenze um 90 MPa höher, kann entsprechend die Blechdicke um 16 Prozent verringert werden. Durch den so geringeren Materialeinsatz würden sich die Kosten um ca. 14 Prozent reduzieren. Wird weniger Material für dieselbe Bauteilperformance benötigt, fällt auch weniger CO2 für die Bauteilherstellung an. Auf diese Weise sinkt pro Kilogramm Ausgangsgewicht des Bauteils das CO2-Äquivalent um 0,37 kg (exklusive Verarbeitung beim Zulieferer).

Das positive Ergebnis der vereinfachten Potenzialstudie motiviert dazu, den Ansatz der Substitution von CR570Y780T-CP-GI durch CR660Y780T-CP-GI weiterzuverfolgen. Im nächsten Schritt wird deshalb die Umformbarkeit der Güte detaillierter betrachtet. Hierzu werden die umformtechnischen Eigenschaften des CR660Y780T-CP-GI mit denen des Dualphasenstahls und des CR570Y780T-CP-GI anhand konkreter, experimenteller Ergebnisse verglichen.

Die Spannungs-Dehnungs-Kurven bzw. Fließkurven zeigen die für die drei Güten typischen Verfestigungsverläufe. Die hohe Dehngrenze des CR660Y780T-CP-GI ist entsprechend zu erkennen. Die Grenzformänderungskurve des CR660Y780T-CP-GI liegt bei vergleichbarer Blechdicke auf demselben Niveau wie die des CR570Y780T-CP-GI. Dies spricht dafür, dass bei einer Umstellung von CR570Y780T-CP-GI auf CR660Y780T-CP-GI im Umformprozess keine Probleme zu erwarten sind. Ein Aspekt der Umformung der durch die Grenzformänderungskurve nicht abgedeckt wird, stellt die Umformung von Schnittkanten dar. Bei einigen Stahlgüten kann das Scherschneiden die Umformbarkeit der Kante signifikant reduzieren. Diese Güten werden als kantenrissempfindlich bezeichnet. Im Fall des CR660Y780T-CP-GI ist hier jedoch keine Verschlechterung zu erwarten, da das Formänderungsvermögen der schergeschnittenen Kanten weiter erhöht werden konnte. Dies zeigt das gegenüber dem CR570Y780T-CP-GI nochmals deutlich gesteigerte Lochaufweitungsverhältnis von 84 Prozent. Das Lochaufweitungsverhältnis nach ISO 16630 beschreibt, wie weit ein schergeschnittenes Loch mit einem Kegelstempel aufgeweitet werden kann.
 
Einer Substitution von CR570Y780T-CP-GI durch CR660Y780T-CP-GI würde somit auch aus Sicht der Umformung nichts im Wege stehen.
 
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